Qi túeg anokir Uhum´e tu´kra
Ich werde dein schlimmster Albtraum sein
Etwas, das ich an Tolkiens "Herr der Ringe" immer liebte, war die Tatsache, dass die Elben und Zwerge ihre eigenen Sprachen besaßen. Sprachen, die man nachvollziehen, die man sprechen konnte.
Genau aus dem gleichen Grund meldete ich mich in der Schule für Hebräisch an. Es hatte etwas aufregendes, eine Sprache und ein Schriftsystem zu lernen, dass außer mir nur gut ein dutzend weiterer Schüler an dieser Schule verstanden.
Verschiedene Länder und Kulturen entwickeln eigene Sprachen.Und eine eigene Welt hat ganz sicher ein eigenes Sprachsystem. Im Land Onsra spricht man deshalb verschiedene Dialekte von Onsraya.
Bloße, erfundene Laute reichten mir nicht. Auch ein deutscher Satz, dem ich einfach verschiedene, neu erfundene Wörter zuordnete waren nicht genug. Sollte ich "Orenda - Beast from the East" jemals, zum Beispiel ins Englische, übersetzen, wäre diese Konstruktion hinfällig.
Ich hätte auch einfach schreiben können "...", sagte er in Onsraya.
Doch das war mir nicht genug.
Ich kann nicht behaupten, dass Onsraya heute vollständig ist. Doch ich kann ganze Sätze in verschiedenen Zeitformen darin konstruieren.
Die Wortlaute an sich habe ich keiner bekannten Sprache angelehnt. Es finden sich aber Teile englischer, spanischer und lateinischer Grammatik.
Der obige Satz war ein Testlauf, den ich in verschiedenen Konstellation immer wieder ausprobiert habe. Früher, in den ersten Versionen, klang Onsraya sehr elbisch. Es war eine weiche, runde Sprache mit vielen "y", "h" und "v".
Im Laufe der Zeit und dem Wachstum der Geschichte wurde Onsra allerdings zu einem wilden, ungezähmten Land, das seine Bewohner vor tödliche Herausforderungen stellt. Zu einem solchen Land passte eine solche Sprache nicht.
Bis ich auf folgendes Zitat stieß:
"Er redete in einer Sprache wie kämpfende Raben"
- Taboo -
Das klang genau nach dem, was ich mir für meine Welt vorstellte. Eine kehlige, raue, auch laute Sprache.
Vor meinem Studium habe ich nie so viel über Sprache gelernt, wie zu der Zeit, als ich Onsraya entwickelte.
Für die wörtliche Rede reicht das Präsens meistens aus. In alten Versionen von "Orenda - Beast from the East" sprachen meine Figuren deshalb, wenn sie sich offensichtlich dem Onsraya bedienten, nur im Präsens. Ich mogelte mich auf diese Weise um andere Zeitformen und eine gehörige Portion Aufwand herum.
Heute bin ich stolz, diesen Satz in Konjunktiv Futur I übersetzen zu können.
Tatsächlich ist Onsraya ziemlich einfach.
Das Wort akra bedeutet "sein" im Sinne von existieren. Ich habe versucht den hebräischen Ansatz zu wählen und das Wort sein im Onsraya nicht vorkommen zu lassen, habe mich aber für ein solches Wort entschieden.
"Ich bin" wird übersetzt mit Qi akra.
"Ich werde sein" wird übersetzt mit Qi tu´kra.
Ich habe also lediglich für jede Zeitform das Grundverb leicht abgeändert und setze ein unverändertes Personalpronomen davor. Das Pronomen zeigt an, um welche Person es geht, die Form des Verbes in welcher Zeit wir uns befinden.
Natürlich ist diese Lösung sehr simpel, sie gefällt mir aber.
Wie im lateinischen wird das Verb ans Ende des Satzes gestellt. Dies gilt nicht für das Personalpronomen. Deshalb steht Qi am Anfang des Satzes und tu´kra am Ende.
"Dein" wird mit túeg übersetzt, abgeleitet von túg, was "du" bedeutet.
Das Wort anok bedeutet "schlimm". Die erste Steigerungsform würde mit dem Anhängsel -ri versehen, also anokri. Die zweite Steigerungsform wird mit dem Anhängsel -ir versehen. Somit entsteht anokir.
Uhum´e
ist dann das Nomen für "Albtraum".
Aufgeschlüsselt sieht das dann folgendermaßen aus:
- qi = ich
- túeg = dein
- anokir = schlimmster (zweite Steigerungsform von
anok)
- Uhum´e = Albtraum
- tu´kra = werde sein (Konjunktiv Futur I von akra)
Im groben Ergebnis also: "Ich / dein / schlimmster / Albtraum / werde sein."
Übersetzt: "Ich werde dein schlimmster Albtraum sein."